Die rechtlichen Grundlagen sind das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB), die Zivilstandsverordnung (ZStV) und die Verordnung über die Gebühren im Zivilstandswesen (ZStGV). Die einschlägigen Artikel sind unten aufgeführt.
Die nachfolgenden Ausführungen vermitteln eine Übersicht über die Regeln der Änderung des im Personenstandsregister eingetragenen Geschlechts. Sie haben keinerlei rechtsbindende Wirkung. Massgebend sind ausschliesslich die geltenden gesetzlichen Bestimmungen.
Allgemeines
Im Personenstandsregister werden alle Geburten, Namensänderungen, Eheschliessungen, Scheidungen und Todesfälle in der Schweiz oder von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland eingetragen.
Jedes Kind muss drei Tage nach der Geburt insbesondere mit seinem Geschlecht dem Zivilstandsamt gemeldet werden, damit es in das Personenstandsregister eingetragen werden kann (Art. 39 ZGB sowie Art. 8, 35 und 91 ZStV). Das Geschlecht eines Kindes wird dabei so eingetragen, wie es vom Spital oder den Eltern festgestellt wurde. Das Schweizer Recht kennt dabei das weibliche und männliche Geschlecht.
Das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht bestimmt, ob eine Person rechtlich als Mann oder Frau behandelt wird. Es dient auch als Grundlage für die Ausstellung von amtlichen Dokumenten (Pass, ID etc.).
Nein, im Personenstandsregister können nur die Bezeichnungen "männlich" und "weiblich" (in verschiedenen Formularen und Zivilstandsurkunden mit den Buchstaben "M" und "F" abgekürzt) eingetragen werden. Es ist nicht zulässig, andere Bezeichnungen (z. B. "divers") als Geschlecht eintragen zu lassen. Jede Person muss sich zwingend für "männlich" oder "weiblich" entscheiden. Es ist nicht möglich, keine Angabe zum Geschlecht einzutragen, d. h. den Geschlechtseintrag leer zu lassen.
Grundsätzlich gibt es keine Beschränkung. Bei einer häufigen Änderung muss das Zivilstandsamt prüfen, ob das Vorgehen rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist.
Voraussetzungen
Jede Person kann das eingetragene Geschlecht ändern lassen, wenn sie der festen innerlichen Überzeugung ist, dem anderen Geschlecht zuzugehören.
Sie muss ihren Wohnsitz in der Schweiz haben oder Schweizer Bürgerin oder Bürger mit Wohnsitz im Ausland sein.
Die Person muss urteilsfähig sein. Das bedeutet, dass sie die Fähigkeit hat, eine Erklärung über die Änderung des Geschlechts abzugeben, nüchtern ist, nicht unter Drogeneinfluss steht und versteht, welche Auswirkungen diese Änderung auf ihr Leben hat. Die Urteilsfähigkeit wird grundsätzlich vermutet. Falls es notwendig erscheint, muss die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte sie aber überprüfen. Bei Kindern kann die Urteilsfähigkeit ab einem Alter von 12 Jahren vermutet werden. Sie kann aber auch früher gegeben sein.
In manchen Fällen ist die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung notwendig. Dies ist der Fall, wenn die gesuchstellende Person unter 16 Jahren alt ist, unter umfassender Beistandschaft steht oder wenn die Erwachsenenschutzbehörde es angeordnet hat (Art. 30b Abs. 4 ZGB). Die gesetzliche Vertretung sind beide Eltern zusammen, wenn sie die gemeinsame elterliche Sorge innehaben. Bei alleiniger elterlicher Sorge ist der Elternteil mit der elterlichen Sorge der gesetzliche Vertreter. Bei Abwesenheit der Eltern wird das Kind durch seine Vormundin oder seinen Vormund vertreten. Volljährige Personen werden gegebenenfalls von einer Beiständin oder einem Beistand vertreten.
Damit das Zivilstandsamt die Erklärung über die Änderung des eingetragenen Geschlechts entgegennehmen kann, benötigt es die aktuellen Personenstandsdaten von Ihnen.
Schweizer Bürgerinnen und Bürger
Sie müssen einen gültigen Identitätsausweis (Identitätskarte oder Pass) vorweisen.
Wenn die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung erforderlich ist (siehe Frage 9.4), muss auch die gesetzliche Vertretung einen gültigen Identitätsausweis vorweisen und, falls erforderlich, nachweisen, dass sie die gesetzliche Vertretung ist.
Ausländische Staatsangehörige
Wenn Sie bereits mit Ihren aktuellen Daten im schweizerischen Personenstands-register eingetragen sind, müssen Sie die bereits erfassten Daten nicht nochmals belegen. Falls Ihre Daten noch nicht eingetragen oder nicht aktuell sind, so müssen sie zuerst im Personenstandsregister erfasst oder aktualisiert werden. Das Zivilstandsamt informiert Sie über die erforderlichen Dokumente. Diese Dokumente müssen grundsätzlich Originaldokumente und nicht älter als sechs Monate sein. In der Regel müssen sie beglaubigt werden. Eine Übersetzung der Dokumente ist notwendig, wenn sie nicht in einer schweizerischen Amtssprache (Deutsch, Französisch, Italienisch) verfasst sind.
Für die Abgabe der Erklärung, den Geschlechtseintrag ändern zu wollen, müssen Sie einen gültigen Identitätsausweis (Pass oder allenfalls Identitätskarte) zeigen und Ihren Wohnsitz in der Schweiz belegen (z. B. Wohnsitzbescheinigung, Aufenthaltsbewilligung).
Wenn die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung erforderlich ist (siehe Frage 9.4), muss auch diese einen gültigen Identitätsausweis vorweisen und nachweisen, dass sie die gesetzliche Vertretung ist.
Nein, auch Personen ohne Schweizer Staatsangehörigkeit können das im Personenstandsregister eingetragene Geschlecht ändern lassen. Personen ohne Schweizer Staatsangehörigkeit müssen jedoch ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
Nein, eine medizinische Geschlechtsangleichung oder eine Bestätigung der Intergeschlechtlichkeit ist nicht notwendig. Es werden keine medizinischen Angleichungsmassnahmen sowie psychologische, psychiatrische oder medizinische Bestätigungen verlangt. Es genügt, dass Sie innerlich fest davon überzeugt sind, nicht dem im Personenstandsregister eingetragenen Geschlecht zuzugehören.
Das Zivilstandsamt darf die Erklärung nicht ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertretung (z. B. der Eltern) entgegennehmen, wenn Sie unter 16 Jahren alt sind, umfassend verbeiständet sind oder wenn die Erwachsenenschutzbehörde es angeordnet hat. Verweigert die gesetzliche Vertretung die Zustimmung, können Sie die zuständige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) involvieren. Kann die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung auch mit Unterstützung der KESB nicht eingeholt werden, so können Sie die Änderung oder Berichtigung des eingetragenen Geschlechts persönlich beim Gericht beantragen.
Ablauf der Änderung
Wenn Sie Ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, können Sie die Erklärung persönlich auf jedem Zivilstandsamt abgeben (Art. 14b Abs. 1 ZStV).
Die Erklärung kann ausserhalb des Zivilstandsamtes entgegengenommen werden, wenn es für Sie offensichtlich unzumutbar ist, persönlich auf dem Zivilstandsamt zu erscheinen (bspw. weil Sie in einer Klinik, einem Heim oder einem Gefängnis sind). Sie müssen nachweisen, dass es für Sie nicht zumutbar ist, persönlich auf dem Zivilstandsamt zu erscheinen (Art. 14b Abs. 3 ZStV).
Wenn Sie die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzen und Ihren Wohnsitz im Ausland haben, können Sie die Erklärung entweder bei der zuständigen Schweizer Vertretung im Ausland oder auf einem Zivilstandsamt in der Schweiz persönlich abgeben (Art. 14b Abs. 1 ZStV).
Die Liste mit den vollständigen Adressen der Zivilstandsämter und der Schweizer Vertretungen im Ausland wird regelmässig aktualisiert. Sie finden sie unten in der Rubrik 'Adressen'.
Die Erklärung, das eingetragene Geschlecht ändern zu wollen, ist eine selbstbestimmte Entscheidung der betroffenen Person. Die betroffene Person und die allfällige gesetzliche Vertretung gehen persönlich mit den erforderlichen Dokumenten auf das Zivilstandsamt. Die betroffene Person darf sich von einer Vertrauensperson begleiten lassen. Auf dem Zivilstandsamt wird die Erklärung in einem Raum abgegeben, der die Privatsphäre der betroffenen Person sicherstellt. Deshalb ist es notwendig, vorher einen Termin zu vereinbaren. Die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte überprüft unter anderem die Identität der betroffenen Person und deren Urteilsfähigkeit (siehe Frage 9.4). Falls die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung notwendig ist, wird die Identität, Urteilsfähigkeit und Vertretungsbefugnis der gesetzlichen Vertretung überprüft. Zu den Gründen dürfen der erklärenden Person und der allfälligen gesetzlichen Vertretung keine Fragen gestellt werden. Es wird vermutet, dass die Erklärung richtig und ehrlich ist. Es werden keine medizinischen Bestätigungen oder Eingriffe vorausgesetzt (siehe Frage 9.6).
Die betroffene Person gibt die Erklärung, das eingetragene Geschlecht und gegebenenfalls den oder die Vornamen zu ändern, auf dem dafür vorgesehenen Formular ab. Sie unterschreibt die Erklärung in Gegenwart der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten. Die allfällige gesetzliche Vertretung gibt ihre Zustimmung ab und unterschreibt in Gegenwart der Zivilstandsbeamtin oder des Zivilstandsbeamten.
Wenn Sie eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher brauchen oder Sie gehörlos, sehbehindert oder blind sind, wenden Sie sich vorgängig an das Zivilstandsamt.
Besitzen Sie die Schweizer Staatsangehörigkeit nicht, so müssen Sie vor der Abgabe der Erklärung im Personenstandsregister erfasst werden (siehe Frage 9.5). Diese Voraussetzung steht nicht im direkten Zusammenhang mit der Änderung des eingetragenen Geschlechts.
Eine Mitteilung ergeht an mehrere Behörden: an die Behörde des aktuellen Wohnsitzes oder Aufenthaltsortes der betroffenen Person, die das Einwohnerregister führt, an die Zentrale Ausgleichsstelle der AHV und gegebenenfalls an das Bundesamt für Polizei. Bei Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern, die ihre Erklärung auf einer Schweizer Vertretung abgegeben haben, wird eine Eintragungsbestätigung einzig für den internen Gebrauch an die Vertretung gesendet. Das Bundesrecht und das kantonale Recht können weitere Mitteilungspflichten vorsehen.
Änderung des Vornamens
Ja, gleichzeitig mit der Änderung des Geschlechtseintrags können Sie einen oder mehrere Vornamen ändern oder neu wählen. Sie dürfen somit nach der Änderung auch mehr oder weniger Vornamen als vor der Änderung tragen. Eine gleichzeitige Änderung des Familiennamens ist nur möglich, wenn der Familienname dem Geschlecht folgt (z. B. slawische Familiennamen wie Ivanov / Ivanova, siehe auch Frage 9.14). Ansonsten müssen Sie die Änderung des Familiennamens bei der kantonalen Namensänderungsbehörde beantragen (Namensänderungsverfahren nach Art. 30 ZGB).
Nein, der Vorname muss nicht zwingend einem Geschlecht zugeordnet werden können. Möglich sind auch geschlechtsneutrale Vornamen (z. B. Kim) oder die Kombination verschiedengeschlechtlicher Vornamen (z. B. Sarah Thomas). Der neue Vorname muss aber als Vorname erkennbar sein.
Falls Ihr Familienname dem Geschlecht folgt, kann dieser ebenfalls dem Geschlecht angepasst werden, wenn Sie dies gleichzeitig wie die Änderung des Geschlechts beantragen. Familiennamen, die dem Geschlecht folgen, sind zum Beispiel slawische Familiennamen (siehe auch Frage 9.12).
Ja, das ist möglich. Wenn Sie den Vornamen nicht gleichzeitig mit dem Geschlechtseintrag ändern, müssen Sie die Vornamensänderung bei der kantonalen Namensänderungsbehörde beantragen (Namensänderungsverfahren nach Art. 30 ZGB).
Verheiratete und Personen in eingetragener Partnerschaft; Kindesverhältnisse
Familienrechtliche Verhältnisse wie eine Ehe, eine eingetragene Partnerschaft, eine Mutterschaft oder Vaterschaft bleiben unverändert bestehen, wenn Sie Ihren Geschlechtseintrag ändern. Auch der Zivilstand (z. B. "verheiratet", "in eingetragener Partnerschaft") verändert sich nicht. Mit Inkrafttreten der Revision "Ehe für alle" (1.7.2022) können Paare in einer eingetragenen Partnerschaft der Zivilstandsbeamtin bzw. dem Zivilstandsbeamten beantragen, ihre eingetragene Partnerschaft in eine Ehe umwandeln zu wollen.
Kosten
Die Änderung des Geschlechtseintrags, mit oder ohne Vornamensänderung, kostet 75 Franken. Falls die Zustimmung der gesetzlichen Vertretung notwendig ist, kostet diese zusätzlich 30 Franken.
Ist die betroffene Person bedürftig, können die Gebühren ermässigt oder erlassen werden (Art. 13 ZStGV).
Müssen ausländische Personen vorgängig ins Personenstandsregister aufgenommen werden, können für dieses eigenständige Verfahren unter Umständen weitere Kosten anfallen.
Beantragen Sie nach der Änderung des Geschlechtseintrags Zivilstandsdokumente beim Zivilstandsamt oder neue Ausweise bei anderen Behörden (Pass, Identitätskarte, Fahrausweis etc.), können für diese zusätzliche Kosten anfallen.
Erfolgt die Änderung des Vornamens gleichzeitig mit der Änderung des Geschlechtseintrages, kostet diese nicht zusätzlich.
Erfolgt die Vornamensänderung zu einem anderen Zeitpunkt, richten sich die Gebühren nach dem Tarif der zuständigen Namensänderungsbehörde (Art. 30 ZGB).
Missbräuchliche Erklärungen
Missbräuchliche oder leichtsinnige Erklärungen zur Änderung des Geschlechts werden abgelehnt. Sie zeitigen keine Rechtswirkungen und sind unter Umständen sogar strafbar. Wird der Missbrauch nachträglich aufgedeckt, erfolgt die Berichtigung des Eintrags von Amtes wegen. Die entstandenen Kosten sind von der betroffenen Person zu bezahlen.
Letzte Änderung 27.03.2024