Verhältnis des Solidaritätsbeitrages des Bundes zu anderen finanziellen Ansprüchen und Leistungen

Das Bundesamt für Justiz kann keine Gewähr dafür bieten, dass die nachfolgenden Informationen (Stand: März 2025) stets aktuell und vollständig sind. Neue Informationen werden – sofern und insoweit sie öffentlich bekannt geworden sind – nur sporadisch auf den neuesten Stand gebracht.

Entschädigung oder Genugtuung aus Verantwortlichkeit von staatlichen Behörden

Wer als Opfer im Sinne des AFZFG anerkannt worden ist und den Solidaritätsbeitrag des Bundes erhalten hat, kann im Zusammenhang mit fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen vor 1981 grundsätzlich keine weiteren Ansprüche auf Entschädigung oder Genugtuung gegenüber den Nachfolgebehörden der damals involvierten Gemeinwesen geltend machen. Solche Ansprüche dürften denn auch regelmässig verjährt sein.

Soforthilfeleistungen an Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

Leistungen, welche einzelne berechtigte Opfer in den Jahren 2015/2016 aus dem Soforthilfefonds der Glückskette erhalten haben (bzw. vergleichbare finanzielle Leistungen des Kantons Waadt), werden nicht an den Solidaritätsbeitrag des Bundes angerechnet.

Entschädigungszahlungen im Rahmen der Aufarbeitung der Aktion "Kinder der Landstrasse"

Von 1988 bis 1992 wurden an die Opfer des Hilfswerks der Pro Juventute "Kinder der Landstrasse" aus einem Fonds, der aus allgemeinen Bundesmitteln geäufnet wurde, finanzielle Entschädigungen in der Höhe von insgesamt 11 Millionen Franken entrichtet (maximal 20 000 Franken pro Person). Solche Zahlungen werden ebenfalls nicht an den Solidaritätsbeitrag des Bundes angerechnet.

Kantonale oder kommunale Solidaritätsbeiträge für Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen

Die Stadt Zürich hat auf den 1. September 2023 einen eigenen, kommunalen Solidaritätsbeitrag in der Höhe von je 25 000 Franken eingeführt. Die Anspruchsvoraussetzungen dieses kommunalen Solidaritätsbeitrages entsprechen grundsätzlich denjenigen, welche für den Solidaritätsbeitrag des Bundes gelten. Er wird aber nur an diejenigen Personen ausgerichtet, welche durch Behörden der Stadt Zürich im Zusammenhang mit einer fürsorgerischen Zwangsmassnahme oder Fremdplatzierung vor 1981 Unrecht erlitten haben. Der Solidaritätsbeitrag der Stadt Zürich wird zusätzlich zum Solidaritätsbeitrag des Bundes ausbezahlt (d. h. an Personen, die den Solidaritätsbeitrag des Bundes bereits erhalten haben).

In einigen wenigen anderen Kantonen wird die Einführung eines kantonalen Solidaritätsbeitrages ebenfalls diskutiert bzw. laufen bereits entsprechende politische Prozesse. Da das BJ dabei in keiner Weise involviert ist, können an dieser Stelle keine weiteren Informationen darüber zur Verfügung gestellt werden.

Gleich wie beim Solidaritätsbeitrag des Bundes unterliegen allfällige kantonale oder kommunale Solidaritätsbeiträge nicht der Einkommenssteuer, sind unpfändbar und dürfen bei der Berechnung von Sozialhilfe-, Ergänzungs- und Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose nicht berücksichtigt werden. Diese privilegierte Behandlung in steuer-, schuldbetreibungs-, sozialhilfe- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht gilt jedoch nur, sofern für die Zusprechung eines kantonalen oder kommunalen Solidaritätsbeitrages im Wesentlichen die gleichen Voraussetzungen (insbesondere in Bezug auf die Definition der Opfergruppen), wie für den Solidaritätsbeitrag des Bundes.

Solidaritätsbeitrag des Kantons Thurgau für Opfer von Medikamententest

Ab dem 1. Januar 2025 richtet der Kanton Thurgau einen speziellen Solidaritätsbeitrag in der Höhe von je 25 000 Franken an Patientinnen und Patienten aus, denen im Zeitraum von 1940 bis 1980 in einer psychiatrischen Klinik im Kanton Thurgau pharmazeutische Prüfsubstanzen verabreicht wurden. Die Anspruchsvoraussetzungen decken sich jedoch nicht vollständig mit denjenigen, welche für den Solidaritätsbeitrag des Bundes gelten, denn der Solidaritätsbeitrag des Kantons Thurgau kann insbesondere auch an Personen ausgerichtet werden, denen nicht im Rahmen einer fürsorgerischen Zwangsmassnahme oder Fremdplatzierung Prüfsubstanzen verabreicht wurden. Hat eine Person diesen kantonalen Solidaritätsbeitrag erhalten, so wird er nicht an den Solidaritätsbeitrag des Bundes angerechnet.

Genugtuungsleistungen der Schweizer Bischofskonferenz

Wenn ein Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen gleichzeitig sexuelle Übergriffe im Umfeld der katholischen Kirche erlitten hat, so kann es – zusätzlich zum Gesuch um einen Solidaritätsbeitrag nach AFZFG – auch ein Gesuch um Genugtuung bei der "Kommission Genugtuung für Opfer von verjährten sexuellen Übergriffen im kirchlichen Umfeld" einreichen. Diese Kommission wurde von der Schweizerischen Bischofskonferenz und der Vereinigung der Höheren Ordensobern der Schweiz eingesetzt und kann im Einzelfall Genugtuungen bis maximal 20 000 Franken aus einem eigens dafür errichteten Fonds zusprechen. Solche Genugtuungszahlungen der katholischen Kirche werden nicht an den Solidaritätsbeitrag angerechnet; gleiches gilt auch umgekehrt.  

Solidaritätsbeitrag der Heilsarmee

Die Heilsarmee kann ab 1. November 2024 ebenfalls einen Solidaritätsbeitrag an Personen ausrichten, die in Kinderheimen oder vergleichbaren Institutionen der Schweizer Heilsarmee fremdplatziert waren und in diesem Rahmen Integritätsverletzungen erlitten haben. Für die Beratung hat die Heilsarmee eine unabhängige Anlaufstelle für Betroffene ins Leben gerufen. Ein solcher Betrag wird nicht an den Solidaritätsbeitrag des Bundes angerechnet.

Letzte Änderung 08.04.2025

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