Bundesrat will modernes Aktienrecht

(Letzte Änderung 23.11.2016)

Bern, 23.11.2016 - Der Bundesrat will das Aktienrecht modernisieren. Er hat dazu in seiner Sitzung vom 23. November 2016 die Botschaft zuhanden des Parlaments verabschiedet. Im Zentrum steht, die Gründungs- und Kapitalvorschriften flexibler zu gestalten, die Aktionärsrechte zu stärken und Vergütungsvorschriften massvoll zu regulieren. Zudem will der Bundesrat die Finanzströme in der Rohstoffbranche transparenter machen. Und mit Richtwerten für die Vertretung beider Geschlechter im obersten Kader grosser börsenkotierter Gesellschaften soll die Gleichstellung zwischen Mann und Frau gefördert werden.

Bereits am 4. Dezember 2015 hat der Bundesrat Eckwerte des neuen Aktienrechts beschlossen und veröffentlicht. Mit der heute verabschiedeten Botschaft schlägt er dem Parlament die Umsetzung dieser Richtungsentscheide vor. Die Vorgaben von Artikel 95 Absatz 3 der Bundesverfassung, die von der Volksinitiative "gegen die Abzockerei" stammen, sollen auf Gesetzessstufe verankert werden. Insgesamt nimmt er dabei die grosse Aktienrechtsrevision aus dem Jahr 2007 wieder auf und erfüllt somit den entsprechenden Auftrag des Parlaments.

Stärkung der Aktionärsrechte zur Umsetzung der "Abzocker-Initiative"

Die Bestimmungen der bereits seit dem 1. Januar 2014 geltenden Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV), welche die neue Verfassungsbestimmung über die Vergütungen der Organe börsenkotierter Aktiengesellschaften vorläufig umgesetzt hat, werden mit der vorliegenden Botschaft in die entsprechenden Bundesgesetze überführt.

Um die Rechtssicherheit sowie die Rechte der Aktionärinnen und Aktionäre zu stärken, ergänzt der Entwurf punktuell die Vorgaben der VegüV und berücksichtigt dabei Anliegen der Volksinitiative. Insbesondere sollen Antrittsprämien, die keinen nachweisbaren finanziellen Nachteil kompensieren, und Entschädigungen für Konkurrenzverbote, die nicht geschäftsmässig begründet sind, unzulässig sein. Auch die Höhe solcher Entschädigungen wird begrenzt. Stimmen die Aktionärinnen und Aktionäre im Voraus über die variablen Vergütungen für das oberste Kader ab, so muss ihnen zudem der jährliche Vergütungsbericht zur nachträglichen konsultativen Abstimmung vorgelegt werden. Und schliesslich wird die Möglichkeit zur Klage auf Rückerstattung unrechtmässiger Vergütungen griffiger gestaltet.

Moderate Geschlechter-Richtwerte für das oberste Kader

Der verfassungsmässigen Pflicht zur Gleichstellung von Mann und Frau soll mit der Einführung von Geschlechter-Richtwerten im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung von grossen, börsenkotierten Gesellschaften Rechnung getragen werden. Im Verwaltungsrat sollen mindestens 30 Prozent und in der Geschäftsleitung mindestens 20 Prozent Frauen vertreten sein. Werden diese Richtwerte nicht eingehalten, wird die Aktiengesellschaft verpflichtet, im Vergütungsbericht die Gründe anzugeben und die Massnahmen zur Verbesserung darzulegen.

Dieser sogenannte Comply-or-explain-Ansatz soll die Bemühungen der Wirtschaft zur aktiven und umfassenden Kaderförderung von Frauen, dem noch immer deutlich untervertretenen Geschlecht im obersten Kader, intensivieren. Mehrjährige Anpassungsfristen - fünf Jahre beim Verwaltungsrat, zehn Jahre bei der Geschäftsleitung - ermöglichen die Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten.

Verstärkte Transparenz im Rohstoffsektor

Weiter will der Bundesrat die Finanzströme im Rohstoffsektor transparenter machen und damit zum verantwortungsvollen Handeln der Unternehmen beitragen; dies auch vor dem Hintergrund, dass es in den Abbauländern oft nur ungenügende rechtsstaatliche Strukturen gibt. Wirtschaftlich bedeutende Gesellschaften, die in der Rohstoffförderung tätig sind, sollen deshalb Zahlungen ab 100'000 Franken pro Geschäftsjahr an staatliche Stellen in einem Bericht elektronisch veröffentlichen.

Flexibilisierung der Gründungs- und Kapitalvorschriften

Die Botschaft zum neuen Aktienrecht sieht zudem etliche Flexibilisierungen und Vereinfachungen vor. So soll beispielsweise neu auch ein Aktienkapital in ausländischer Währung und im Rahmen eines neuen Kapitalbands eine genehmigte Kapitalherabsetzung zulässig sein. AG, GmbH und Genossenschaften sollen künftig ohne Urkundsperson gegründet, aufgelöst und im Handelsregister gelöscht werden können, sofern einfache Verhältnisse vorliegen.

Neben den erwähnten Themenbereichen schlägt der Bundesrat weitere punktuelle Änderungen vor. So will er durch die überabeiteten Bestimmungen zur Sanierung Anreize schaffen, dass Unternehmen frühzeitig die notwendigen Sanierungsmassnahmen treffen und so den Konkurs verhindern können. Weiter sollen neben staatlichen Gerichten neu auch Schiedsgerichte aktienrechtliche Streitigkeiten beurteilen dürfen.


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