Jugendstrafprozessordnung soll praxistauglich sein; Bundesrat genehmigt den überarbeiteten Gesetzesentwurf

Bern, 22.08.2007 - Um die Umsetzbarkeit der künftigen Schweizerischen Jugendstrafprozessordnung zu verbessern, hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) den Gesetzesentwurf umfassend überarbeitet. Der überarbeitete Entwurf bezweckt eine Beschleunigung der Jugendstrafverfahren und belässt den Kantonen trotz der Rechtsvereinheitlichung eine grosse Gestaltungsfreiheit. Der Bundesrat hat am Mittwoch den überarbeiteten Entwurf genehmigt.

Der erste Entwurf zu einer Schweizerischen Jugendstrafprozessordnung (JStPO) wies verschiedene Mängel wie Unklarheiten in der Behördenorganisation und komplizierte Verfahrensabläufe auf. Die Rechtskommission des Ständerates trat zwar auf die Vorlage ein, äusserte aber Bedenken betreffend der Umsetzbarkeit der beiden Strafverfolgungsmodelle. Das EJPD überarbeitete deshalb unter Beizug von Praktikern aus den Kantonen den Entwurf der JStPO, der nun vom Parlament weiter beraten werden wird.

Grosse Gestaltungsfreiheit der Kantone

Die heute geltenden kantonalen Jugendstrafprozessordnungen lassen sich auf zwei unterschiedliche Strafverfolgungsmodelle zurückführen. Während gemäss Jugendrichtermodell die gleiche Person den Sachverhalt untersucht, leichtere Fälle entscheidet, als Mitglied des Jugendgerichts amtiert und den Vollzug des Urteils überwacht, sieht das Jugendanwaltsmodell eine teilweise Trennung dieser Funktionen vor: Der Jugendanwalt klärt zwar den Sachverhalt ab, erlässt Strafbefehle und ist mit dem Urteilsvollzug betraut, vor dem Jugendgericht vertritt er hingegen die Anklage. Der geänderte Entwurf hält an der Wahlfreiheit der Kantone bezüglich des Strafverfolgungsmodells fest. Dieser Gestaltungsspielraum ermöglicht es den Kantonen, die Behördenorganisation ihren spezifischen Bedürfnissen anzupassen und bewährte Strukturen beizubehalten.

Verfahren beschleunigen

Nach Abschluss der Untersuchung kann die Untersuchungsbehörde das Verfahren einstellen, einen Strafbefehl erlassen oder beim Jugendgericht Anklage erheben bzw. erheben lassen. Hingegen sieht der überarbeitete Entwurf nicht mehr die Möglichkeit vor, ein ordentliches einzelrichterliches Gerichtsverfahren durchzuführen, das sich in der heutigen Praxis kaum vom einfacheren und schnelleren Strafbefehlsverfahren unterscheidet. Die weitgehende Zulässigkeit des Strafbefehlsverfahrens und andere bereits vorgesehene Regelungen wie die grundsätzliche Zuständigkeit der Behörden am gewöhnlichen Aufenthaltsort und die Mitwirkungspflicht aller Behörden bei der Abklärung der persönlichen Verhältnisse ermöglichen es, die Jugendstrafverfahren zu beschleunigen und jugendliche Straftäter rasch und konsequent zu sanktionieren.

Kontakt mit einer einzigen Amtsperson

Im Zentrum des Jugendstrafrechts steht das Bestreben, straffällige Jugendliche zu erziehen. Aus diesem Grund sollen sie im Verlauf des Strafverfahrens möglichst nur mit einer einzigen Amtsperson in Kontakt treten, damit eine gewisse persönliche Beziehung aufgebaut werden kann. Allerdings kann sich die urteilende Person vermutlich kaum von den eigenen Untersuchungsergebnissen distanzieren, was die Unabhängigkeit des Richters in Frage stellt. Um rechtsstaatliche Bedenken auszuräumen, gibt die JStPO deshalb dem angeschuldigten Jugendlichen das Recht, den untersuchenden Jugendrichter als urteilende Person ohne Begründung abzulehnen. Macht er von diesem Recht Gebrauch, wird ein mit der Sache bisher nicht befasster Jugendrichter das Urteil fällen.

Der Vollzug von Jugendstrafurteilen soll durch eine Person überwacht werden, welche über ausgewiesene Fachkenntnisse verfügt und die beschuldigten Jugendlichen persönlich kennt. Diese Voraussetzungen sind einzig beim Jugendrichter bzw. beim Jugendanwalt gegeben; die Zuständigkeiten wurden deshalb entsprechend angepasst.


Adresse für Rückfragen

Bundesamt für Justiz, T +41 58 462 48 48



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Letzte Änderung 26.06.2024

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