Schengener Durchführungsübereinkommen vom 19. Juni 1990 (SDÜ)

Wichtigste Bestimmungen: Rechtshilfe in Strafsachen: Artikel 48 - 53

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KAPITEL 2

RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN

Artikel 48

(1) Die Bestimmungen dieses Kapitels sollen das Europäische Übereinkommen über Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 ergänzen und seine Anwendung erleichtern. In den Beziehungen zwischen den Vertragsparteien, die der Benelux-Wirtschaftsunion angehören, gilt Satz 1 sinngemäß für Kapitel II des Benelux-Übereinkommens über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen vom 27. Juni 1962 in der Fassung des Protokolls vom 11. Mai 1974.

(2) Die zwischen den Vertragsparteien geltenden weitergehenden Bestimmungen aufgrund bilateraler Abkommen bleiben unberührt.

Artikel 49

Rechtshilfe wird auch geleistet

a) in Verfahren wegen Handlungen, die nach dem nationalen Recht einer oder beider Vertragsparteien als Zuwiderhandlungen gegen Ordnungsvorschriften durch Behörden geahndet werden, gegen deren Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann;

b) in Verfahren über Ansprüche auf Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen und ungerechtfertigte Verurteilungen;

c) in Gnadensachen;

d) in Zivilsachen, die mit einer Strafklage verbunden sind, solange das Strafgericht noch nicht endgültig über die Strafklage entschieden hat;

e) bei der Zustellung von Urkunden bezüglich der Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Sicherung und Besserung, der Einziehung einer Geldbuße oder der Zahlung der Gerichtskosten;

f) bei Maßnahmen betreffend die Aussetzung des Ausspruchs oder der Vollstreckung einer Strafe oder Maßregel der Sicherung und Besserung, die bedingte Entlassung, den Aufschub des Vollstreckungsbeginns einer Strafe oder Maßregel der Sicherung und Besserung oder die Unterbrechung der Vollstreckung.

Artikel 50

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, Rechtshilfe nach Maßgabe der in Artikel 48 erwähnten Übereinkommen zu leisten wegen Verstößen gegen die gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften im Bereich der Verbrauchsteuern, der Mehrwertsteuern und des Zolls. Als Zollgesetze gelten die in Artikel 2 des Übereinkommens zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über die gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen vom 7. September 1967 aufgeführten Vorschriften sowie die in Artikel 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1468/81 des Rates vom 19. Mai 1981 aufgeführten Vorschriften.

(2) Ersuchen in Verfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Verbrauchsteuern dürfen nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass von der ersuchten Vertragspartei Verbrauchsteuern auf die in dem Ersuchen genannten Waren nicht erhoben werden.

(3) Die ersuchende Vertragspartei übermittelt und verwendet von der ersuchten Vertragspartei erhaltene Informationen oder Beweismittel für andere als in dem Ersuchen bezeichnete Ermittlungen, Strafverfolgungen oder Verfahren nur mit vorheriger Zustimmung der ersuchten Vertragspartei.

(4) Rechtshilfe im Sinne dieses Artikels kann verweigert werden, wenn der verkürzte oder erschlichene Betrag 25000 ECU oder der Wert der unerlaubt ein- oder ausgeführten Waren 100000 ECU voraussichtlich nicht übersteigt, es sei denn, die Tat wird wegen ihrer Art oder wegen der Person des Täters von der ersuchenden Vertragspartei als sehr schwerwiegend betrachtet.

(5) Die Vorschriften dieses Artikels finden auch Anwendung, wenn die erbetene Rechtshilfe sich erstreckt auf Handlungen, die nur mit einer Geldbuße geahndet werden (Ordnungswidrigkeiten) und das Ersuchen von einer Justizbehörde gestellt wird.

Artikel 51

Die Vertragsparteien unterwerfen die Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung und Beschlagnahme keinen weitergehenden Bedingungen als denen, dass

a) die dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht beider Vertragsparteien mit einer Freiheitsstrafe oder die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Hoechstmaß von mindestens sechs Monaten bedroht ist, oder nach dem Recht einer der beiden Vertragsparteien mit einer Sanktion des gleichen Hoechstmaßes bedroht ist und nach dem Recht der anderen Vertragspartei als Zuwiderhandlung gegen Ordnungsvorschriften durch Behörden geahndet wird, gegen deren Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann;

b) die Erledigung des Rechtshilfeersuchens im Übrigen mit dem Recht der ersuchten Vertragspartei vereinbar ist.

Artikel 52

(1) Jede Vertragspartei kann Personen, die sich im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei aufhalten, gerichtliche Urkunden unmittelbar durch die Post übersenden. Eine Liste der Urkunden, die auf diesem Wege übersandt werden dürfen, wird dem Exekutivausschuss von den Vertragsparteien zugeleitet.

(2) Wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in der die Urkunde abgefasst ist, unkundig ist, ist die Urkunde - oder zumindest die wesentlichen Passagen - in die Sprache oder in eine der Sprachen der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet der Empfänger sich aufhält, zu übersetzen. Wenn der zustellenden Behörde bekannt ist, dass der Empfänger nur einer anderen Sprache kundig ist, ist die Urkunde - oder zumindest die wesentlichen Passagen - in diese andere Sprache zu übersetzen.

(3) Der Zeuge oder Sachverständige, dem eine Vorladung auf postalischem Wege übermittelt worden ist und der dieser nicht Folge leistet, darf selbst dann, wenn die Vorladung Zwangsandrohungen enthält, nicht bestraft oder einer Zwangsmaßnahme unterworfen werden, sofern er sich nicht später freiwillig in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei begibt und dort erneut ordnungsgemäß vorgeladen wird. Die zustellende Behörde achtet darauf, dass auf postalischem Wege übersandte Vorladungen keine Zwangsandrohungen enthalten. Artikel 34 des Benelux-Übereinkommens über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen vom 27. Juni 1962 in der Fassung des Protokolls vom 11. Mai 1974 wird hiervon nicht berührt.

(4) Liegt dem Rechtshilfeersuchen eine Handlung zugrunde, die sowohl nach dem Recht der ersuchten als auch nach dem Recht der ersuchenden Vertragspartei als Zuwiderhandlung gegen Ordnungsvorschriften durch Behörden geahndet wird, gegen deren Entscheidung ein auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann, so ist bei der Zustellung von Urkunden grundsätzlich nach Absatz 1 zu verfahren.

(5) Unbeschadet des Absatzes 1 kann die Zustellung von gerichtlichen Urkunden durch Übermittlung der Justizbehörde der ersuchten Vertragspartei vorgenommen werden, wenn die Anschrift des Empfängers unbekannt ist oder die ersuchende Vertragspartei eine förmliche Zustellung fordert.

Artikel 53

(1) Die Rechtshilfeersuchen und die entsprechenden Antworten können unmittelbar von Justizbehörde zu Justizbehörde übermittelt werden.

(2) Absatz 1 lässt die Möglichkeit unberührt, dass Ersuchen durch die Justizministerien oder über die nationalen Zentralbüros der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation gestellt oder beantwortet werden.

(3) Für Ersuchen um vorübergehende Überstellung oder Durchbeförderung von Personen, die sich in Untersuchungs- oder Strafhaft befinden, oder aufgrund der Anordnung einer die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung untergebracht sind sowie für den regelmäßigen oder gelegentlichen Informationsaustausch aus den Justizdokumentationen ist der justizministerielle Geschäftsweg einzuhalten.

(4) Justizministerien im Sinne des Europäischen Übereinkommens über Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 sind für die Bundesrepublik Deutschland der Bundesminister der Justiz und die Justizminister/-senatoren der Länder.

(5) Anzeigen zum Zwecke der Strafverfolgung nach Artikel 21 des Europäischen Übereinkommens über Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 oder Artikel 42 des Benelux-Übereinkommens über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen vom 27. Juni 1962 in der Fassung des Protokolls vom 11. Mai 1974 wegen Zuwiderhandlungen gegen die Lenk- und Ruhezeitvorschriften können durch die Justizbehörden der ersuchenden Vertragspartei unmittelbar an die Justizbehörde der ersuchten Vertragspartei gesandt werden.

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Letzte Änderung 25.10.2016

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